Abgeordnete Petra Bayr, MA (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Justizminister! Ich finde es jetzt ein bisschen unfair, dass das Privileg, dass Sie persönlich auf alle Redebeiträge eingehen, nicht allen zuteilwird, nämlich zum Beispiel all jenen, die nach Ihnen reden. Vielleicht haben wir bilateral die Möglichkeit, auch über mein Anliegen zu reden, es ist auch sehr günstig, möchte ich dazusagen.
Frau Präsidentin, wenn ich jetzt ganz kurz erwähne, dass ich mich darüber freue, dass die Gelder für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit im nächsten Jahr um 17,1 Millionen € steigen werden, dann bin ich noch nicht im falschen Budgetkapitel, auch wenn es erst das nächste ist, das wir diskutieren. Ich erwähne das absichtlich, weil ich darauf hinweisen möchte, dass die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit nur einen kleinen Teil, etwa 7 Prozent, des gesamten Kuchens der Official Development Assistance ausmacht, wofür wir Summe ungefähr 0,32 Prozent des Bruttonationaleinkommens ausgeben, obwohl wir uns auf 0,7 Prozent verpflichtet haben.
Entwicklungszusammenarbeit oder Entwicklungspolitik hat neben der finanziellen – und jetzt komme ich zu Ihrem Ressort, Herr Minister – auch eine inhaltliche Komponente, die sich vor allem daran misst, wie weit wir in der Lage sind, Policy Coherence for Sustainable Development einzulösen, das heißt, eine nachhaltige, kohärente Entwicklungspolitik zu machen, bei der eine Politik nicht die Ziele von Entwicklungszusammenarbeit unterminiert. Der gesamte ODA-Kuchen ist auf ganz viele Ministerien aufgeteilt, und so gut wie alle Ministerien haben inhaltlich etwas zu einer kohärenten Entwicklungspolitik beizutragen, und ich möchte gern auf den Teil eingehen, der das Justizministerium betrifft.
Ihnen, Herr Bundesminister, brauche ich es nicht zu erzählen: Wir sind in den 1960er Jahren dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der Vereinten Nationen beigetreten, im Rahmen dessen wir als Österreich regelmäßig überprüft werden, ob wir alle unsere Verpflichtungen einhalten. Von den letzten Empfehlungen, die aus dem November 2013 stammen, kommt unter anderem die Kritik, dass Österreich nicht genug dafür tut zu schauen, dass österreichische Unternehmen, die international wirtschaftlich aktiv sind und in Drittländern Menschenrechte verletzen, auch entsprechend verfolgt und zur Verantwortung gezogen werden.
Diese Frage von menschenrechtlich korrektem Umgang von Unternehmen zum Beispiel in Sachen Arbeitsrechte – in der Frage fair bezahlter Jobs, der Frage des nachhaltigen und verantwortungsvollen Umgangs mit fremden Ressourcen oder aber auch der Frage, inwieweit man auf die Umwelt achtet, wenn man irgendetwas fördert, transportiert oder produziert – ist entwicklungspolitisch höchst relevant. Das Netzwerk Soziale Verantwortung ist auf diese Empfehlung der Vereinten Nationen, die diese an Österreich ausgesprochen haben, eingegangen und hat in zwei Rechtsgutachten Überlegungen angestellt, wie wir denn in Österreich diesen Schutz besser umsetzen können.
Herr Minister, ich würde Ihnen gerne diese zwei Rechtsgutachten als kleinen Lesestoff mitgeben (die Rednerin übergibt Bundesminister Brandstetter besagte Schriftstücke), vielleicht als Basis für ein Gespräch, das wir haben könnten. Da geht es zum Beispiel um die Frage von Unternehmensverantwortung und Sorgfaltspflichten, indem Risiken ermittelt werden und in Unternehmensstrategien geschaut wird, wie man diese Risiken ausschalten oder kompensieren oder Menschenrechtsverletzungen minimieren kann. Es geht einerseits um zivilrechtliche Haftung, zum Beispiel im ABGB, was Gefahrenabwehrpflichten oder Aufsichts- und Überwachungspflichten, aber auch Sorgfaltspflichten von leitenden Angestellten oder leitenden Organen etwa im Gesellschaftsrecht betrifft. Es gibt auch eine strafrechtliche Komponente, sowohl in der Frage des Strafgesetzbuches als auch in der Frage des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes, bei der auch Sorgfaltspflichten für Entscheidungsträger festgestellt werden.
Diese zwei Rechtsgutachten gehen auch auf die ganz spezifische Situation ein, wie man denn Tochterunternehmen oder Zulieferbetriebe in die Verantwortung nehmen könnte. Es wird auch sehr viel auf ausländische Erfahrungen, europäische Erfahrungen mit der Umsetzung dieser stärkeren Verantwortungen eingegangen, und im Sinne einer kohärenten Entwicklungspolitik würde es mich sehr freuen, wenn wir über dieses wichtige Thema nicht nur im Gespräch bleiben könnten, sondern als Österreich auch aktiver werden könnten, als wir das bislang sind. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)
16.30
Präsidentin Doris Bures : Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.