13.44.05
Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Die ganze Welt steht momentan vor großen Herausforderungen, und ich wage zu behaupten, Österreich tut das im Besonderen, denn der Weg von: Wir sind ja relativ gut durch die Krise gekommen!, zu: Wir haben die höchsten Neu-Infektionszahlen weltweit!, war ein ziemlich kurzer Weg.
Ich würde sagen, dieser Abschneider der österreichischen Bundesregierung war eher ein ziemlich verhängnisvoller, der dazu geführt hat, dass wir die größte Wirtschaftskrise der Zweiten Republik haben, die höchsten Arbeitslosenzahlen, einen prognostizierten BIP-Einbruch von 7,7 Prozent, Bildungsverlust von jungen Menschen und das Zementieren von tradierten Geschlechterrollen. Darin sind lauter verpasste Chancen, die sich da ergeben haben, denn man hätte die Krise auch dazu nutzen können, eine Trendwende in ganz vielen Politikbereichen einzuleiten. (Beifall bei der SPÖ.)
Ein klarer Fingerzeig, wohin denn eine solche Trendwende gehen könnte, sind die nachhaltigen Entwicklungsziele, die Sustainable Development Goals, von den UN im Jahr 2015 beschlossen, mit Zielen bis 2030 ausgestattet, bei denen es darum geht, niemanden zurückzulassen, Herausforderungen, vor denen wir stehen, in ihrer sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Dimension zu erkennen und systematische Änderungen, das heißt Änderungen im System, auch im Wirtschaftssystem, herbeizuführen. Die SDGs sind jedenfalls nicht dazu da, um als Behübschungslogo für irgendetwas zu dienen – wie etwa für Broschüren von Firmen oder von Regierungen, in denen dargestellt wird, wie gut man nicht ist –, sondern die SDGs sind dazu da, uns wirklich Wege aus einer Krise heraus zu zeigen – und nicht um zu sagen, wir sind eh schon so gut, wir machen eh schon alles ganz brilliant. Wenn wir nämlich alle die Probleme, vor denen wir stehen, schon gelöst hätten, dann würde es uns hier nicht brauchen, dann könnten wir jetzt alle nach Hause gehen und müssten nicht die nächsten vier Tage diskutieren.
Der Budgetdienst hat dieses Jahr einen SDG-Atlas herausgegeben. Das finde ich sehr, sehr toll, weil es wirklich auch eine Datengrundlage bietet, von der ausgehend wir diskutieren können. Der Rechnungshof hat einen Bericht, hat Empfehlungen herausgegeben, wie denn auch das andere Arbeiten funktionieren könnte, denn wir werden den komplexen Herausforderungen der Zukunft nicht mit unserem Silo-Denken – Ministerium für Ministerium für Ministerium, Ausschuss für Ausschuss für Ausschuss – gerecht werden. Wir werden auch im Parlament andere Wege gehen müssen, um angesichts dieser Interkonnektivität von Herausforderungen diese wirklich zukunftsfähig bestehen zu können.
Wofür ich plädieren möchte, ist einfach, dass wir hier im Parlament die SDGs wirklich ernst nehmen, auch versuchen, uns neuer Arbeitsweisen zu bedienen, wenn wir Probleme lösen wollen, keine Nabelschau zu betreiben, sondern über den Tellerrand hinauszuschauen. Vielleicht gibt das dann auch die Möglichkeit, dass wir als Parlament einen wesentlich selbstbestimmteren Parlamentarismus leben können. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Disoski und Rössler.)
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